Zum Inhalt der PPU-Buchreihe

1978 gelang dem Callwey-Verlag in München ein großer Wurf: Das Buch Präzisionspendeluhren (PPU) von Klaus Erbrich. Dieses Buch setzte weltweit Maßstäbe für das Thema, ist auch heute noch sehr gefragt und in seiner kompakten, aber umfassenden Themenvielfalt bei sehr guter Bebilderung das Maß aller PPU-Dinge. Das große „Manko“ des Buches ist, dass es seit langem vergriffen ist.

 

2003/2004 veröffentlichte Derek Roberts (Schiffer Publishing, Atglen (USA)), seine drei Bände zu Precision Pendulum Clocks, in denen auch eine stärkere länderspezifische Aufteilung in den jeweiligen Bänden erfolgte. Diese Bücher wurden international ein Standardwerk zum Thema, gleichwohl gibt es hier – wie auch beim „Erbrich“ – zu Präzisionspendeluhren in Deutschland Lücken. Mit wenigen Ausnahmen beginnt die Betrachtung meist erst Anfang bzw. Mitte des 19. Jahrhunderts und findet ihre Schwerpunkte in den später führenden Uhren von Strasser & Rohde sowie Sigmund Riefler. Zudem wurden auch die englischen Einflüsse und Uhren in Deutschland ebenso wie die Basis für den Einsatz von PPU in Deutschland nicht spezifisch betrachtet. Ganz generell liegt in beiden Büchern bezüglich der PPU in Deutschland der Schwerpunkt eher auf singulären Fotos mit Bildbeschreibungen, nicht auf der umfassenderen Betrachtung des Uhrmachers bzw. der betreffenden Uhr. Insofern stellt diese neue PPU-Buchreihe sowohl mit bisher weitgehend unbekannten Uhrmachern und ebensolchen Fotos, wie aber auch durch die umfangreichen neuen Aspekte eine gute Ergänzung zu den bisherigen PPU-Standard-Werken dar und betrachtet auch Nischen des Themas mit dem Blick auf PPU in Deutschland i.w.S., d.h. im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“ (Deutschland inkl. Österreich K.K.).

 

Nun wird auf über 4.200 Seiten in 6 Bänden ein breites Spektrum zum Thema unterhaltsam, wissenschaftlich fundiert und sorgfältig recherchiert angeboten. Zusammen mit über 8.200 Abbildungen wird bei klarer Struktur in drei zeitlich gegliederten Hauptabschnitten ein Überblick über die wesentlichen Aspekte von Präzisionspendeluhren in Deutschland gegeben. Dabei gibt es einen mehrschichtigen Spannungsbogen der deutschen PPU-Geschichte von ca. 1730 bis in das 20. Jahrhundert. In Verbindung mit den deutschen Nachbauten englischer PPU-Werke im 18. Jahrhundert gibt es auch eine ergänzende Aufarbeitung der frühen englischen PPU-Herstellung. Auch die PPU-Fertigung in den Niederlanden und in Frankreich wird an Beispielen näher betrachtet.

 

Die jüngere Entwicklung der PPU-Herstellung in Deutschland i.e.S. wird mit ausführlichen Artikeln und neuen Forschungsergebnissen zur Glashütter PPU-Fertigung einschließlich der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte – mit nahezu 400 Seiten quasi ein „Buch im Buch“ mit Schwerpunkt Strasser & Rohde – besprochenAntiker Quadrant. Foto: Klementinum.com. Es werden aber auch die frühen Münchener PPU von Utzschneider, Liebherr und Mahler detailliert betrachtet. Es gibt zudem eine Reihe von Artikeln über einzelne, vermutlich nicht so bekannte Uhrmacher, wie z.B. Joseph Weidenheimer in Mainz, Friedrich Wilhelm Roetig in Hachenburg (Westerwald), Johann Georg Repsold in Hamburg, Josef Geist in Graz, Johann Wilhelm Gottlob Buzengeiger in Tübingen, Joseph Johann Ludwig Nieberg in Quakenbrück/Hamburg, Max Matthäus Ort in Nürnberg oder Walter Cloos in Würzburg.

 

Umfangreiche Ausführungen sind den Dresdner Uhrmachern, wie Seyffert, Köhler und Schumann gewidmet. Auch Johann Christian Friedrich Gutkaes wird in einem ausführlichen Kapitel betrachtet. Ebenso Christian Friedrich Tiede in Berlin. Zudem ist dem holländisch-dänischen Uhrmacher Heinrich Johann Kessels wegen der Bedeutung für die deutsche PPU-Entwicklung ein umfangreiches Kapitel gewidmet

 

Ein besonderes Glanzlicht der PPU-Buchreihe ist Band 5, der sich u.a. mit dem Höhepunkt der deutschen PPU-Fertigung, den weltweit besten mechanischen astronomischen PPU von Sigmund Riefler bzw. der Fa. Clemens Riefler mit über 600 Seiten als „Buch im Buch“ widmet.

 

Dies setzt sich in Band 6 mit „Büchern im Buch“ und über 400 Seiten zu Norddeutschen Chronometer- und PPU-Fertigern fort, hier seien beispielhaft die Bröcking-Dynastie, Krille, Knoblich, Dencker und Kittel genannt. Es werden insgesamt neun hanseatische PPU-Fertiger besprochen, denn von der Technik-Vielfalt als auch den ausgefallenen Lösungen sind die norddeutschen PPU den Uhren aus Glashütte gleichwertig. Hamburg/Altona war ganz eindeutig – zusammen mit Glashütte und München/Nesselwang (Riefler) – EINER der drei Fertigungsschwerpunkte für PPU in Deutschland.

 

Auch der bedeutende Chronometer- und PPU-Fertiger Hofuhrmacher Ernst (Friedrich) Adolph Kutter aus Stuttgart bekam einen umfassenden Artikel, hat er doch auch weitere Chronometermacher ausgebildet.

 

Zahlreiche aufwändig erstellte Tabellen, ebenso wie diverse Anhänge mit historischen Artikeln zum Thema, runden die Buchreihe inhaltlich ab. Additiv werden ausgewählte Sonderthemen besprochen. Insgesamt gibt es in der Buchreihe viele Aspekte, die in dieser Form neu sind und für den Leser besonders interessant sein dürften, zumal neben englischen und französischen erstmalig in einer Buchreihe bedeutende PPU-Fertiger, die in Deutschland i.w.S. tätig waren, besprochen und mit beispielhaften Uhren gezeigt werden.

 

Eine Auswahl von astronomischen Präzisionspendeluhrenfertiger in Österreich könnte noch ein essentieller Bestandteil eines möglichen weiteren Bandes der Buchreihe werden.

 

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